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Exhibition
13.07.2022 - 19.08.2022

Sarah Bogner, André Butzer

Wie jedes Jahr

Wie die Motte zum Licht
Die Geburt der Lichtung
Natur, Ordnung, Moral:
Ein lindes Auge
Ein anderes Bild
Einem gewundenen Pfad ähnlich.

Zum 13.07.2022
Sarah Bogner


Herbst-
Sommer
Gedanken "EH"
E, E, Urlaubs-gedanken E!
Sarah's Bilder
André auch
Auf hinauf
zur Schnittlauch
Scharte! Au!
DIE
Ewigkeit in Kalk
und Wiesen empfunden,
Bauernhof in jedem
Bild unsichtbar, als
antiamerikanische Bauernmalerei!

gez. A. Butzer
20. Juni 2022
4. April 1853
 

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Press release

In Sarah Bogner's and André Butzer's exhibition at Galerie Bernd Kugler, one could easily feel observed. From each picture, large pairs of eyes gaze into the exhibition space. However, they are the eyes of Sarah Bogner's horses and André Butzer's women and seem to be neither unpleasant nor a threat. They ensure that the motifs are extremely present. This presence is due to the seemingly omnipresent eyes and the feeling of being watched––which is actually much more a feeling of being looked at. It is also evoked by the intense colors of the paintings and, above all, by their two-dimensional application. Both result, to the same degree, in the frankness and directness of the figures and the overall pictorial impression.

Sarah Bogner's pink horses are hybrids. Everything that makes a horse is there. The right physiognomy, two ears and eyes, a mane and a tail. With weightless lightness and always in a good mood, they prance across the screen. All too often they smoke or have only two or three legs. Their faces look like masks with cutouts for their noses and mouths. Their "hairstyles" or manes give them a personality that varies between hippiesque, hipster, finely groomed, and everything in between. Their human attributes and features thus suggest that they are not just horses after all. Often they are joined by snake-like heads wearing cowboy hats or baseball caps. Maybe these are the riders that come with the horses …?

They are depicted as if on stage, where interlocking scenes unfold like a play before the eyes of those present. The subtle shades of gray in the background suggest curtains—by which they create depth and space, on the one hand. On the other hand they further enhance the theatrical feel of the entire composition. Even if, during their meetings, the horses form small groups, which at first seem to be isolated from each other, they are always connected in some way. This could be caused by the compositions. They  keep everything in a state of flux and allow the figures to connect with each other in a way that makes the viewer's eyes glide over said figures quite automatically. Or it may be due to the fact that there is always a point of contact between the horses, even if it is only through eye contact.

The basis for André Butzer's works were initially not only 20th-century painting, but all the horrors, opposing forces and promises it created. These include the crimes of National Socialism as well as the premises of capitalism, mass extermination as well as mass consumption. From this discord he started developing, in 1999, science fiction expressionism with its comic-like figures that have since become characteristic. Through them, Butzer's paintings reveal the fundamental struggle between good and evil that is inseparable from human existence.

The female has a special place in this pictorial universe. She brings the good into the world. It goes without saying therefore that only she can mediate between the earthly world and the "N-House" located in the cosmic NASAHEIM, the place where "the colors are kept”. Only the woman can carry the colors into this world. It is the woman in particular, then, whom Butzer repeatedly uses to examine his painterly settings.

The female figures we get to see in Innsbruck are, if you will, "only" means to an end. The usual categories of figuration and abstraction are undermined by the paintings in that the motif is still present, but is completely permeated by the colors and their self-contained surfaces. Figure and ground visibly become one. Only the woman's outline and her eyes still identify her as the motif. Only the brushstroke, if at all, still evokes the feeling of physicality—for example in the hair sections. All of this is based on an intense studying of Edvard Munch, who, at the beginning of the 20th century, set out in Warnemünde in search of a "new, purified approach to his own work.” (Bernd Erhard Fischer, Munch in Warnemünde, 2011) This approach was far removed from all the social and artistic conventions of modernism. Munch’s painterly work during this period, the dissolution of figure and landscape into pure color, is what, above all, resonates strongly in André Butzer's paintings.

Hannah Eckstein

Artistic Director, Kunstverein Friedrichshafen


Pressetext

In Sarah Bogners und André Butzers Ausstellung in der Galerie Bernd Kugler könnte man sich schnell beobachtet vorkommen. Aus jedem Bild blicken große Augenpaare in den Ausstellungsraum. Doch die Augen stammen von Sarah Bogners Pferden und André Butzers Frauen und machen weder einen unangenehmen noch einen bedrohlichen Eindruck. In jedem Fall sorgen sie dafür, dass die Motive überaus präsent sind. Diese Präsenz ist nicht zuletzt auf die scheinbar allgegenwärtigen Augen und das Gefühl des beobachtet Werdens – das eigentlich viel eher ein Gefühl des Angeschaut-Werdens ist – zurückzuführen. Sie wird auch durch die intensiven Farben der Bilder und vor allem aufgrund ihres flächigen Auftrags hervorgerufen, was im gleichen Maße zur Offen- und Direktheit der Figuren und des gesamten Bildeindrucks führt.

Sarah Bogners rosa Pferde sind Mischwesen. Alles ist da, was ein Pferd ausmacht. Die passende Physiognomie, zwei Ohren und Augen, eine Mähne und ein Schweif. Mit schwereloser Leichtigkeit und stets gut gelaunt tänzeln sie über die Bildfläche. Allzu oft rauchen sie oder haben nur zwei oder drei Beine. Ihre Gesichter wirken wie Masken, in die Aussparungen für die Nasen und Münder geschnitten wurden. Ihre „Frisuren“ bzw. Mähnen verleihen ihnen Persönlichkeit, die zwischen hippiesk, Hipster, fein gestriegelt und allem, was dazwischen liegt, variiert. Ihre menschlichen Attribute und Züge legen also nahe, dass sie eben doch nicht bloß Pferde sind. Des Öfteren gesellen sich außerdem noch schlangenartige Köpfe zu ihnen, die Cowboy Hüte oder Baseballkappen tragen. Vielleicht sind sie ja die zu den Pferden gehörigen Reiter …?

Dargestellt sind sie wie auf einer Bühne, auf der sich, einem Theaterstück gleich, ineinandergreifende Szenen vor den Augen der Anwesenden entfalten. Die feinen Graunuancen des Hintergrunds deuten Vorhänge an und erzeugen so einerseits Tiefe und Raum, andererseits verstärken sie nochmals die theatralische Anmutung der gesamten Komposition. Auch wenn die Pferde während ihrer Zusammentreffen kleine Grüppchen bilden, die zunächst voneinander isoliert zu sein scheinen, sind sie doch immer auf eine Art und Weise miteinander verbunden. Sei es durch die Kompositionen, die alles im Fluss halten und die Figuren in einer Weise miteinander in Verbindung treten lassen, die die Augen der Betrachterinnen und Betrachter ganz automatisch über sie hinweggleiten lässt. Oder durch die Tatsache, dass es zwischen den Pferden immer einen Berührungspunkt gibt, sei es auch nur ein Blickkontakt.

Für André Butzers Werke bildet anfangs nicht nur die Malerei des 20. Jahrhunderts das Fundament, sondern all die Schrecken, Gegensätze und Versprechungen, die es hervorgebracht hat. Dazu gehören die Vergehen des Nationalsozialismus ebenso wie die Prämissen des Kapitalismus, die Massenvernichtung ebenso wie der Massenkonsum. Ausgehend von dieser Zerrissenheit entwickelt er ab 1999 den Science-Fiction Expressionismus mit seinen mittlerweile charakteristisch gewordenen comicartigen Figuren. Durch sie offenbart sich in Butzers Bildern der grundlegende, von der menschlichen Existenz untrennbare Kampf zwischen Gut und Böse.

Die Frau hat in diesem malerischen Universum eine besondere Stellung. Sie bringt das Gute in die Welt. Es versteht sich also von selbst, dass nur sie zwischen der irdischen Welt und dem sich im kosmischen NASAHEIM befindlichen „N-Haus“, dem Ort, an dem „die Farben aufbewahrt werden“, vermitteln und die Farben ins Diesseits tragen kann. Insbesondere die Frau ist es dann auch, die Butzer zur Überprüfung seiner malerischen Setzungen immer wieder heranzieht.

Die Frauenfiguren, die wir in Innsbruck zu sehen bekommen, sind, wenn man so will, auch „nur noch“ Mittel zum Zweck. Die üblichen Kategorien von Figuration und Abstraktion hebeln die Bilder insofern aus, als dass das Motiv zwar noch anwesend, aber vollkommen durchdrungen ist von den Farben und ihren in sich geschlossenen Flächen. Figur und Grund werden zusehends eins. Lediglich die Umrisse der Frau und ihre Augen weisen sie noch als Motiv aus. Das Gefühl von Körperlichkeit wird, wenn überhaupt, nur noch durch den Pinselduktus beispielsweise in den Haarpartien hervorgerufen. All dem liegt eine intensive Auseinandersetzung mit Edvard Munch zugrunde, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Warnemünde auf die Suche nach einem „neuen, geläuterten Ansatz zum eigenen Werk“ (Bernd Erhard Fischer, Munch in Warnemünde, 2011) fern ab von allen gesellschaftlichen und künstlerischen Konventionen der Moderne machte. Vor allem sein malerisches Wirken während dieser Zeit, das Auflösen von Figur und Landschaft in reine Farbe, findet in den Bildern von André Butzer eine starke Resonanz.

Hannah Eckstein

Künstlerische Leiterin, Kunstverein Friedrichshafen