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Exhibition
08.09.2017 - 21.10.2017
Holger Endres

Miami Beach

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Press release

When blank space takes center stage – Holger Endres’ Miami Beach

BLUE, ORANGE, YELLOW, BLACK, WHITE, GREY, MINT, MAGENTA

Holger Endres’ new works are the result of his many years of engagement with his own mural art. A technique that tolerates no mistakes. Each brush stroke is unique. Endres attaches his canvas to the wall using adhesive strips. On the left, on the right, on the top. On three sides. The primer on the wall is obligatory. Using a thick brush, he paints the surface with vertical stripes, alternating between black and white.

After he had finished this procedure, the artist became interested in something else; something outside the focus of the picture; something that had been left over on the edges. On the adhesive strips, the last spurs of the brush strokes could be seen, initially a semicircular and, at that stage, a rudimentary image, as well as the two sidelines. These adhesive strips would become the base material for an experiment with the canvas.

In a first step, Endres reversed the relationship between adhesive tape and image area, turning a negative into a positive. The material that had stemmed from pure coincidence thus became the artist’s visual interest.

Endres primed a sheet of paper in the same color primer used on the canvas and used it as a print, though not for the purpose of printing something onto it, but rather to leave a blank space. This blank space then became the center of his further pictorial exploration: How does the primer relate to applied paint? How is the center of the image treated? One of the conclusions drawn by Endres was to keep the primer opaque by adding white paint, allowing the artist to emphasize planarity and avoid depth of color in the painting. This facilitated the rhythm of the developed image motif, the semicircles and the lines, and enabled a three-dimensional perspective for the beholder from within the canvas.

The blank space in the center of the painting is a deliberate omission by the artist. It generates tension. Intuitively, the beholder’s sense of reason tries to fill this void with their own ideas, as ineffable as they may be, to confront this phenomenon of what merely appears to be an incomplete picture.

As soon as an artist chooses a certain form of art, he also accepts the conditions of its tradition and history. For the artist, the challenge in painting is now to find a suitable strategy not to repeat what has been there before. For this reason Endres’ canvases have no depictions. They are the result of a reflection on the condition of the origin of painting. It is the artist’s permanent engagement with his technique, based on the knowledge of his artistic pursuit.

Thomas Schoenberger

 

Pressetext

Die Leerstelle als Zentrum – Holger Endres’ Miami Beach

BLUE, ORANGE, YELLOW, BLACK, WHITE, GREY, MINT, MAGENTA

Holger Endres neue Arbeiten sind das Resultat einer langjährigen Auseinandersetzung mit seiner Wandmalerei. Eine Technik, die keine Fehler duldet. Jeder Pinselstrich ist einzigartig. Endres fixiert seine Fläche auf der Wand mit Klebestreifen. Links, rechts, oben. Auf drei Seiten. Die Grundierung auf der Wand ist obligat. Mit einem dicken Pinsel malt er die Fläche mit Streifen vertikal aus, abwechselnd in den Farben schwarz und weiß.

Als er diesen Vorgang beendet hatte, interessierte ihn noch etwas, das nicht im Zentrum seines Bildes lag und an den Rändern übrig geblieben war. Auf den Klebestreifen waren die Endausläufer der Pinselbewegungen sichtbar, zunächst ein halbrundes und in diesem Stadium noch rudimentäres Bildmotiv, sowie die beiden Seitenlinien. Diese Klebestreifen wurden zum Ausgangsmaterial für ein Experiment mit der Leinwand.

Als ersten Schritt kehrte Endres das Verhältnis von Klebestreifen und Bildfeld um, wie ein Negativ in ein Positiv. Das Material, das dem Zufall geschuldet war, geriet ins visuelle Interesse des Künstlers.

Endres grundierte ein Blatt Papier in derselben farbigen Grundierung wie die der Leinwand und nutzte es als Abdruck, aber nicht um etwas darauf abzudrucken, sondern um eine Leerstelle zu hinterlassen. Diese Leerstelle wurde zum Zentrum für seine weitere malerische Erkundung: Wie verhält sich die Grundierung zu aufgetragener Farbe? Wie geht man mit der Bildmitte um? Eine der Schlussfolgerungen, die Endres zog, war die Grundierung durch Beimischung von weiß, opak zu halten. Dadurch wurde die Flächigkeit hervorgehoben und die farbliche Tiefe des Bildes vermieden. Dies begünstigte den Rhythmus des entwickelten Bildmotivs, die Halbkreise und die Linien und ermöglichte aus der Leinwand heraus eine dreidimensionale Anschauung für den Betrachter.

Die Leerstelle im Zentrum des Bildes ist eine bewusste Auslassung des Künstlers. Sie erzeugt Spannung. Sofort versucht der Verstand des Betrachters, diese Leerstelle mit eigenen Ideen zu füllen, so unaussprechlich sie auch sein mögen, um diesem Phänomen des nur scheinbar unvollständigen Bildes zu begegnen.

Sobald sich ein Künstler für eine Gattung entscheidet, akzeptiert er auch die Bedingungen ihrer Tradition und Geschichte. Die Herausforderung der Malerei besteht für den Künstler nun darin, eine geeignete Strategie zu finden, das Dagewesene nicht zu wiederholen. Deshalb sind Endres’ Leinwände auch keine Abbildungen. Sie sind das Ergebnis einer Reflektion über die Bedingung der Entstehung von Malerei. Es ist eine dauerhafte Beschäftigung des Künstlers mit seiner Technik, die auf dem Wissen über seine Tätigkeit beruht.

Thomas Schoenberger