Contact
Exhibition
26.10.2006 - 02.12.2006

Ulrich Wulff

Please scroll down to the German version

Press release

In the picture world designed by Ulrich Wulff, we encounter specifically lively beings, which make a being accessible to us – in the group or individually –, which occurs almost in an hermetically protected space. The existence, which is still possible in this, was reduced to the extreme. The spirit of the innocent creatures seems completely switched off. Only a schematic conditioning survives, as is shown in different behavioural patterns, daily structures, motion sequences and interpersonal rituals. Yet in the space described by Ulrich Wulff, they only exist as codes. The actors are apathetic, face develops from eyes, which became antennae, which in turn orient, examine, and communicate. It deals with eyes, which have lost their sight, because their vision orients on the world yet perception of the same is refused. No image, no idea, no impulse can reach them. No thoughts can be regenerated, further formed or rejected. This is a state in the existential vacuum.

Ulrich Wulff fills the picture space with permutated figures, the story bearers. They work individually as an asexual body identification code or form an emblem, a structure, a loose order system, sometimes they are also entered in a strict pattern. A system is also simultaneously an explanation model, the representation of a cycle. In Ulrich Wulff’s pictures, the life reference remains latent through this. His image production comments a certain context; here society critiques are open and funny: the individual drained from its own ego, degenerated to the functional organism, the modern working world – clarified through desk and telephone symbols, the living conditions – explained through the landscape or architectural fragments respectively – quite specifically – through the motif of social housing. Ulrich Wulff drains our world, removes the sense from it, betrays bewilderingly the existence of humanity. The bearers are grotesque, comical and harmless beings, assembled in garish, colourful fields. The once bombastic hero image survives surprisingly out of doomed figures.

In painting the result alone does not fascinate but instead the actual act of painting. What does a painter do when he paints? What happens when the paintbrush dips into colour and meets the canvas? What thoughts are here? When is a painter happy, when is a picture discarded and possibly painted over, when is a picture finally completed? Also the smallest dab means a displacement, an expansion of the picture space. This process, which exists from many different decisions, remains enigmatic to the painter, which is refused to the anonymous beholder.

Ulrich Wulff paints portraits and genre pictures, some of which he also drew as preliminary studies – paintings and watercolours. In his compositions, the collective knowledge of the story of painting flows into the painting. Gigantic areas of colour, which are simultaneously placed next to each other, mount up, colours and fields shape a stage-worthy space, which however is detained in its laminarity. The figures, always moved in the picture and suggesting motion, are active participants of the event and serve the organisation, the structuring of spatial levels. Surface on surface is defined until finally the individual fields of colour connect in a balanced relation to a picture space. The stroke is strong and quick because painting is carried out provided the colour is fresh. The bright, partly also pastel, tones and the strong contrasts, which Ulrich Wulff applies, work – imaginary – like a reference to pop.

Bärbel Vischer


Pressetext

 

In der von Ulrich Wulff entworfenen Bildwelt begegnen wir eigentümlich lebendig wirkenden Wesen, die uns – in der Gruppe oder auf sich selbst gestellt – ein Dasein nahe bringen, das sich quasi in einem hermetisch abgeschirmten Raum abspielt. Die Existenz, die in diesem noch möglich ist, wurde auf das Äußerste reduziert. Der Geist der unschuldig wirkenden Kreaturen scheint völlig ausgeschaltet. Erhalten bleibt ausschließlich eine schematische Konditionierung, wie sie sich in verschiedenen Verhaltensweisen, Strukturen des Alltags, Bewegungsabläufen und zwischenmenschlichen Ritualen zeigt. Doch in dem von Ulrich Wulff beschriebenen Raum existieren diese lediglich als Chiffren. Die Akteure sind apathische Typen, Gesichter entwickelt aus Augenpaaren, die zu Fühlern wurden, die sich wiederum ausrichten, untersuchen, kommunizieren. Es handelt sich um Körperaugen, die ihre Sehfunktion verloren haben, denn ihr Blick richtet sich zwar auf die Welt, doch die Wahrnehmung derselben bleibt ihnen verwehrt. Kein Bild, keine Idee, kein Impuls kann sie erreichen. Kein Gedanke kann neu entstehen, weiter geformt oder verworfen werden. Es ist dies ein Zustand im existentiellen Vakuum.

Ulrich Wulff füllt den Bildraum mit permutierten Zeichen, die Träger einer Geschichte sind. Sie funktionieren für sich alleine als geschlechtslose Körperkürzel oder bilden ein Emblem, eine Struktur, ein loses Ordnungssystem, zuweilen sind sie auch in ein strenges Raster eingeschrieben. Ein System ist gleichzeitig auch ein Erklärungsmodell, die Darstellung eines Kreislaufs. In Ulrich Wulffs Bildern bleibt dadurch der Lebensbezug latent. Seine Bildproduktion kommentiert einen bestimmten Kontext, unverblümt und lustig wird hier Gesellschaftskritik betrieben: Das vom eigenen Ich entleerte, zum funktionalen Organismus rückgebildete Individuum, die moderne Arbeitswelt – verdeutlicht durch die Symbole Schreibtisch und Telefon, die Lebensbedingungen – verdeutlicht durch Landschafts- oder Architekturfragmente beziehungsweise – ganz konkret – durch das Motiv des sozialen Wohnbaus. Ulrich Wulff entleert unsere Welt, entzieht ihr den Sinn, verrät in verblüffender Weise die Existenzform des Menschlichen. Der Träger sind groteske, comicartige und harmlose Wesen, versammelt in grellen, bunten Farbfeldern. Das einst bombastische Heldenbild besteht überraschender Weise aus verlorenen Figuren.

An Malerei fasziniert nicht alleine das Ergebnis, sondern schlichtweg der Akt des Malens. – Was macht ein Maler, wenn er malt? Was passiert, wenn der Pinsel in Farbe taucht und die Leinwand trifft? Welche Gedanken entstehen dabei? Wann ist ein Maler zufrieden, wann wird ein Bild verworfen und vielleicht übermalt, wann ist ein Bild letztendlich fertiggestellt? Auch der kleinste Tupfer bedeutet eine Verschiebung, eine Erweiterung des Bildraums. Dieser Prozess, der aus vielen differenzierten Entscheidungen besteht, bleibt dem Maler rätselhaft, dem anonymen Betrachter verwehrt.

Ulrich Wulff malt Portraits und Genrebilder, für manche davon fertigt er auch Vorstudien – Zeichnungen und Aquarelle – an. In seine Kompositionen fließt das kollektive Wissen um die Geschichte der Malerei ein. Gigantische Farbflächen, die gleichwertig nebeneinander gesetzt werden, türmen sich auf, Farbe und Felder modellieren einen bühnenhaften Raum, der jedoch in seiner Flächenhaftigkeit verhaftet bleibt. Die Figuren, stets ins Bild gerückt und Bewegung suggerierend, sind aktive Teilnehmer des Geschehens und dienen der Gliederung, der Strukturierung der räumlichen Ebenen. Fläche um Fläche wird definiert, bis sich schließlich die einzelnen Farbfelder in einem ausgewogenen Verhältnis zu einem Bildraum verbinden. Der Pinselduktus ist kräftig und rasch, denn gemalt wird, solange die Farbe frisch ist. Die leuchtenden, teilweise auch pastelligen Töne und die starken Kontraste, die Ulrich Wulff einsetzt, wirken – frei erfunden – wie eine Referenz an den Pop.

Bärbel Vischer